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Hospiz​Felle

ein letztes Zuhause für sterbende Katzen

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Vincent

Einmal ein Kitten aufwachsen zu sehen ist wohl der Wunsch vieler Katzenliebhaber und mit Vincent ging dieser Wunsch mehr als in Erfüllung.

2006 zog ein nebelgraues Fellknäuel zu meiner ersten Katze und sollte sämtliche wichtigen Stationen unseres Lebens teilen und beeinflussen.

Vince wickelte meine etwa 3-4jährige Sylver innerhalb kürzester Zeit um die Pfote. Mit seiner aufgeschlossenen Art und tapsigen Schritten folgte er ihr auf Schritt und Tritt und bettelte so lange, bis sie ihn endlich und ausgiebig zu putzen begann. Wenn dann sein Motor startete, hörte man ihn noch im Nachbarzimmer schnurren. Er mauserte sich schnell zu einem schlanken, langbeinigen und stattlichen Kater.

Die Zeit verging und der graue Stinker zog mit seinen zwei- und vierbeinigen Ziehmüttern in eine neue kleine Wohnung um. Dort begann der Spaß für ihn erst richtig, denn im Hinterhof flogen abends gern Fledermäuse, die sich auch regelmäßig ins Wohnzimmer verirrten. Wenn man das mal nicht mitbekommen hatte, kamen die unterschiedlichen Wesenszüge der Katzen zum Vorschein. Während Vince wie angestochen auch noch hinter dem Achten fliegenden Fledertier her rannte, saß Sylver im Schnittpunkt, beobachtete konzentriert die Flugbahn und haschte sie sich mit einem Sprung aus dem Flug. Ihr die Beute wieder abzunehmen gestaltete sich zwar schwierig, nahm für die Fledermäuse aber glücklicherweise immer ein gutes Ende.

Einige Jahre später verließ uns meine Sylver nach zweijährigem Krebsleiden und Vince zeigte in den kommenden Wochen deutlich, dass ihm alleine etwas fehlte, er kannte es schließlich nur mit Partnertier. So begann die Suche nach einem neuen Kumpel und schlussendlich fiel die Wahl auf den knubbeligen Teddybär Bailey. Im Nachhinein und mit dem jetzigen Katzenwissen wäre ein anderer Charakter besser gewesen, was sich beispielsweise im Spielverhalten zeigte. Bailey war ein kleiner Raufbold, Vince dagegen spielte lieber mit der Katzenangel. Aber die Beiden arrangierten sich mit der Zeit.

Sich mit Vincent zu beschäftigen machte viel Spaß. Er war ein kleiner Trottel, aber nicht dumm. Er hatte sich von Anfang an bei Sylver abgeschaut, wie das Klickern funktioniert und konnte bald dem Target folgen, Männchen und andere Tricks. Er liebte sein Fummelbrett und den Teppich, lernte das Tragen eines Geschirrs und wir gingen gemeinsam spazieren.

Vince war zeitlebens ein Baby geblieben. Immer freundlich und verspielt, sehr verschmust, schnurrte viel, erzählte gern, hatte für jede Gefühlslage einen anderen Gesichtsausdruck und war eigentlich nie krank. Nur einmal als Jungkater fieberte er für zwei Tage, war aber schnell mit Antibiotika wieder im Griff. Somit war er auch ein Liebling in der Arztpraxis. Denn ohne schlechte Erfahrungen fand er alles spannend und die Mitarbeiter prima.

Dass er Bailey auch überleben sollte, war daher nicht verwunderlich. Und auch jetzt, mit etwa 11 Jahren, wollte er nicht alleine mit uns leben. Wir machten uns also erneut und dieses Mal kritischer auf die Suche nach einem neuen Partnertier und trotz des Altersunterschiedes überzeugte uns schließlich Milas Art. Vincent war ruhiger geworden und auch Mila war eher eine Kuschelmaus. Im Spiel hatten beide Spaß mit Bindfäden und Intelligenzspielzeugen. Vince fummelte für sein Leben gern, Mila konnte dafür besser mit den "hängenden Flaschen" umgehen.

Über die folgenden Jahre mehrten sich dann doch die Zeichen, dass er nicht mehr der Jüngste war. Die Taille kam deutlicher zum Vorschein, die Hinterläufe wurden etwas staksiger und eine Zahnsanierung notwendig. Im Zuge der OP stellte sich eine erhöhte Leukozytenzahl im Blutbild dar, was aber auf die Entzündung des Mundraumes zurückgeführt wurde. Kurz danach wurde Vince unsauber. Ab und zu machte er sein großes Geschäft außerhalb der Toilette und als klar war, dass es nicht an geänderten Ansprüchen (also am Klo an sich, der Sauberkeit oder der Streu) lag, musste er eine neue Untersuchung über sich ergehen lassen. Langsam fand er zwar die Besuche beim Tierarzt nicht mehr so witzig, aber die Ultraschalluntersuchung ließ er trotzdem über sich ergehen. Leider hatte bei ihm der Krebs inzwischen unbemerkt gestreut und wir mussten uns damit auseinander setzen, dass seine Zeit dem Ende entgegen ging. Über die palliativen Wochen wurde es zur Routine, nach seinem Häufchen in der Wohnung zu suchen, ihm Schmerzen zu nehmen, viel zu kuscheln und in der Endphase lagerte sich durch Cortisongabe sichtbar Wasser in Bauch und Beinen an. Durch die dagegen verschriebenen Entwässerungstabletten konnte er oftmals das Wasser auch nicht mehr halten und es galt diverse Unfälle zu beseitigen. Schlussendlich stand immer ein Katzenklo mit Inkontinenzauflage neben dem Sofa, das wir ihm hinstellten, sobald er "dieses Gesicht" machte.

Er kämpfte bis zum Schluss, fraß mit Appetit, hatte bis auf die allerletzten Tage regelmäßig seine "fünf Minuten" und wollte immer in unserer Nähe sein. Vince hätte es nicht verdient gehabt, in der Tierarztpraxis -die er inzwischen richtig doof fand- zu sterben und glücklicherweise verließ er uns zu Hause, umgeben von seiner Familie. 


Wir werden unseren Stinker für immer vermissen.